Auch Schalttage können manchmal grausam sein:

Mainz –Offenbach 5:0 (4:0)

  

(TFid) Ein Tag im Kalender wird nur alle 4 Jahre einmal Realität – und relativ harmlos stellt sich dieser als „29.2.“ vor. Doch in Zukunft sollte sich der OFC davor hüten, noch einmal in seiner Geschichte Fußballspiele an einem Schalttag austragen zu lassen, denn der 29.2. steht ab dem Jahr 2004 im kollektiven Bewusstsein der Anhänger des hessischen Traditionsvereins für das Ende aller Illusionen, für das Zerplatzen der schönsten seifenblasenartigen Träume, Wünsche und Hoffnungen.

Wie konnte es nur dazu kommen? Mehr als 3000 durch die Winterpause ausgehungerte Seelen hatten sich frohen Mutes am Sonntag, den 29.2.04, auf den Weg in die sympathische Karnevalshochburg namens Mainz gemacht, mehr als 3000 nach dem Hoffnungsschimmer „aufkeimende Euphorie“ Dürstende, erlebnisorientiert dazu bereit, auch nur einen halbwegs gelungenen Spielzug ihrer Götter in Blau mit frenetischem Beifall zu belohnen und nach einem Auswärtssieg durch ihre dann auf 10.000 gleichgesinnt Verrückte vermehrte Präsenz auf dem Bieberer Berg die Rückrunde für den OFC zu einem gigantischen Selbstläufer in Richtung 2. Bundesliga zu machen. Darf man diese Menschen enttäuschen? Ist man als Spieler dazu bereit, vor diesem für Regionalligaverhältnisse fantastischen Publikum kämpferisch und läuferisch alles zu geben, seiner Lunge Bluttropfen zu entringen und diese voller Verachtung gegenüber seiner eigenen Gesundheit stolz und unbeugsam auszuspucken im Gedenken an diese Menschen, die einem ebenso bedingungslos zum Sieg schreien wollen, selbst wenn man ihnen nur einen kläglichen und einzelnen Strohhalm reichen würde?

 

Wie würden sich nun die Spieler des OFC entscheiden? Doch diese Frage wird später beantwortet.

 

Denn auch unerfreuliche Tage haben manchmal einen erfreulichen Vortag. An diesem Samstag wurde ich um 10.oo Uhr durch eine SMS geweckt: „Halts Maul du Idiot :o) viel spaß heute Abend, bis morgen“. Unnötig zu sagen, dass der Sender dieser Nachricht zwar nicht Che Guevara war, dafür aber eine dunkeldeutsche Vergangenheit hat. Der „Spaß“ begann dann am späten Nachmittag, als plötzlich ein Kleinwagen mit gelbem Kennzeichen vor meiner Haustür einparkte, aus dem nach dem Öffnen der Tür zuerst eine schwarze Rauchwolke und dann eine kaputte Gestalt entstieg, die mir freudestrahlend zurief: „O.k. easy, alles klar an de Bar, altes bretonisches Sprichwort, was geht´ n, o.k. easy?„ Die weiteren Einzelheiten des Abends erspare ich den Lesern, aber trotzdem möchte ich an dieser Stelle mit einem weit verbreiteten Vorurteil aufräumen: Nein, es hat sich am folgenden Morgen nicht so abgespielt: Nein, er saß nicht um 9.oo Uhr in seiner verlottert altmodischen Unterhose ohne Unterlage auf meinem edlen beigefarbenen Designer-Sofa. Nein, er drehte sich dabei nicht die fetteste Tüte, die jemals in Mainz gebaut wurde. Nein, so war es nicht. Er ließ nur während einer Pinkelpause meinerseits beiläufig meine Perle wissen, dass er einem „Dreier“ nicht abgeneigt sei. Nun ja. Das ist zwar moralisch sicherlich fragwürdig, aber zweifellos noch kein Verbrechen....

Nachdem das Frühstück vertilgt war, ging es um kurz vor 11.oo Uhr ab in Richtung Bezirkssportanlage MZ-Weisenau, einem Ground, der Anfang der 60iger Jahre immerhin Fußball der Regionalliga-Süd-West gesehen hatte und in dem nun die Junioren von Mainz 05 ihre Heimspiele in der U-19-Bundesliga (in den Tagen, in denen im Fußball die Welt noch in Ordnung war, völlig anachronistisch auch „A-Jugend“ genannt) austragen.

Was soll man nur zu einem Spiel sagen, in dem die Rheinhessen, nachdem sie nach 3 (!) Spielminuten einen Platzverweis gegen sich hinnehmen mussten, 87 Minuten lang konsequent Pressing gegen 11 Hessen spielen und ihre Taktik dank besserer Spielanlage, technischer und körperlicher Überlegenheit auch problemlos gegen einen völlig überforderten Gegner durchbringen können, so dass sie bereits zur Pause locker mit 2:0 das Spiel für sich vorentschieden hatten? In der Offenbacher „Drangperiode“ zw. der 50. und 65. Spielminute, in der die 11 gegen die 10 das Spiel zumindest „offen“ gestalten konnten, sah man an der mangelnden Durchschlagskraft im Angriff überdeutlich, warum die A-Jugend des OFC nach 2/3 der Saison erst 7 Tore geschossen hat.

Was soll man nur zur Präsentation eines Vereins sagen, wenn der Offenbacher Mannschaftsbetreuer nach dem Spiel wutentbrannt aus dem Kabinentrakt herausgelaufen kommt, weil er es nicht versteht, warum die eigenen Spiele unter der Dusche feiern, als ob sie gerade Deutscher Meister geworden wären? Ist es an Peinlichkeit noch zu überbieten, wenn ein Mainzer Betreuer aus dem Kabinentrakt nach dem Offenbacher Trainer ruft, weil er seine Jungs zur Raison rufen soll, die offensichtlich auf der Suche nach Randale gegen die Kabinentüren treten würden – aber dieser Trainer hat das Spielgelände direkt nach Spielschluss bereits fluchtartig verlassen? Decken wir einfach den Mantel des Schweigens darüber....

 

Mainz 05 : Wiener
Banouas, Doymus, Hardt , Petry, Vrancic, Freund (60. Männel), Fennel, Lang , Pupalovic, Hiemer

Kickers Offenbach : Schneider
Bieber (83. Wagner), Wandschura (70. Yilmaz), Linde , Rodrigues, Peschel, Castiglione, Baum (55. Aksoy), Graeff, Cesur, Do Vale


Zuschauer: 200
Tore: 1:0 Hiemer (8.)
         2:0 Pupalovic (40.)
         3:0 Hiemer (84.)
         4:0 Hiemer (89.)

 

Gut, abgehakt, das „Hauptspiel“ lag ja noch vor uns. Nachdem man sich standesgemäß das Mittagessen am Bruchweg hinter der Mainzer Haupttribüne im Vereinsheim des ortsansässigen Postsportvereins munden ließ (was allerdings dem Lord scheinbar gar nicht geschmeckt hat, bestellte er doch auch völlig unverständlicherweise 7 große, aber leicht verkohlte putenbrustähnliche Teile, die sicherlich von weitem betrachtet an Fleisch erinnerten und die auf grünlich anmutenden flachen Scheiben drapiert waren, die wohl beim Betrachter die Assoziation an einen „Salat“ wecken sollten) lief neben einigen anderen Offenbacher Originalen in dieser beschaulichen Stube deutscher Gemütlichkeit auch die offizielle Betreiberin der ersten inoffiziellen „Cäsar-Thier-Fanpage“ mitsamt ihrem kuschelnden Lauterborner ein. Bis dahin also lief alles noch in geordneten Bahnen.

Danach wurde es Zeit, einmal fast um das ganze Stadion herum zu gehen, um zu dem Eingang für die Gegengerade zu gelangen. Auf diesem Weg spielten sich dann wirklich unbeschreibliche Szenen ab: Nachdem die Polizei ja darauf bestanden hatte, das Spiel der Mainzer Amateure gegen OF am gleichen Tag wie das der Profis in Oberhausen stattfinden zu lassen, damit die als äußert zahlreich und skrupellos bekannten Mainzer Hooligans das Ruhrgebiet und nicht Rheinhessen verwüsten sollten, fiel nun das Match in OB dem Schneefall zum Opfer und der worst case trat ein, so dass nun an allen Ecken und Enden wüste Boxereien zu beobachten waren, brennende Müllcontainer, auf den Kopf gestellte Autos - das volle Programm eben.... Und was das Synonym des „Vatertags“ für den gemeinen Offenbacher bedeutet, wird noch Generationen von Mainzern als der „Schalttag“ in kollektiver Erinnerung bleiben. Aber das kommt eben davon, wenn man der vorausschauenden Intelligenz des bundesdeutschen Polizeiapparats misstraut, der in seiner unnachahmlichen Souveränität die Geschicke seiner untertänigen Untertanen lenkt.

Positiv für Mainz 05 schlägt ja immer wieder zu Buche, dass dieser seit mittlerweile 15 Jahre im Profifußball vertretene Verein es mittlerweile gewöhnt ist, auch dem Zuschauerandrang von mehr als nur einem Gästefan problemlos Herr werden zu können. Hier kann man also ganz entspannt ins Stadion gelangen, ohne Angst haben zu müssen, dass die vorsorglich sogar 100 gedruckten Karten für den Gastverein plötzlich ausgegangen sind, bevor man selbst eine erstanden hat. Nein, in Mainz werden niemals Spiele später als geplant angepfiffen, weil die Organisation etwa einfach nur schlecht wäre....

Dann wurde das Spiel endlich angepfiffen, nachdem man vor dem Spiel noch kurz die gesamte Prominenz des OnlineFanClubs per Handschlag begrüßen durfte, selbst die Akki gab sich überraschenderweise die Ehre ihrer Anwesenheit, weil ihr Lieblingsclub ja bereits gestern mit 3:1 sein Heimspiel gewonnen hatte – und für ziemlich genau fünf Minuten konnte man das Gefühl haben, dass die Boys in Blue wussten, was heute auf dem Spiel stand: Sich selbst auf nur noch einen Punkt an einen Aufstiegsplatz heranzubringen und in einem für alle von der Anzahl überraschend zahlreichen Publikum eine Euphorie zu entfachen, zu der jeder auf der Gegengerade Stehen- oder Sitzende sofort bereit gewesen wäre, hätte das Geschehen auf dem Rasen auch nur den winzigen Hauch eines Anlasses dazu gegeben. Doch wie wir alle wissen, kam es nicht dazu, da außer Thier, Happe und dem (zu spät eingewechselten) Petry kein Lederstädter auch nur im Ansatz seine Regionalligatauglichkeit demonstrieren konnte, während ihnen ihre Mainzer Gegenspieler eine kostenlose Lehrstunde in Sachen Lauf- und Spielfreude, Spritzigkeit, Überzahl in Ballnähe und Taktikverständnis gaben.... Wer eine wohlwollendere Haltung einnehmen möchte, könnte noch anführen, dass mit Abstrichen versehen auch Judt und Licht nicht völlig versagt haben, aber das nutzt auch niemanden. Die einzigen „Gewinner“ auf Offenbacher Seite hießen Suat Türker und Bruno Akrapovic, denn sie durften (oder besser gesagt: mussten) nicht mitspielen und konnten sich demnach auch nicht wie ihre Mannschaftskameraden bis auf die Knochen blamieren.

Wenn der OFC nun schon von der 2. Mannschaft von Mainz 05 gedemütigt wird, dann wird er in 10 Jahren, wenn der DFB in seiner unendlich unerreichten Weisheit beschließen wird, dass Profiteams sich mit ihrer „Ersatzmannschaft“ auch für die zweite Liga sportlich qualifizieren und dann folglich auch ihre 3. „Amateurmannschaft“ in die Regionalliga aufsteigen kann, ja dann wird der OFC auch irgendwann mal gegen Greuther Fürth III verlieren. Dann aber ohne mich.

 

FSV Mainz 05 (A): Wetklo - Demirtas, Neustädter, Ihm, Ziegner – Kegel (89. Tsakas), Kühne, Falkenmayer, D. Weiland, Maas (79, Bediako) – Weber

Kickers Offenbach: Thier - Müller, Barletta, Happe, Hock (50.Dolion) - Mahr (46. Licht), Naciri, Dworschak, Judt - Policella, Budtz (66. Petry)

Schiedsrichter: Albrecht (Kaufbeuren)

Zuschauer: 3.700

Tore: 1:0 Kühne (45.)

Suedehead