Als Kickersfan ist man hartgesotten. Insbesondere wenn man erst nach dem
Zwangsabstieg 1989 eingestiegen ist und seit 13 Jahren immer wieder mit leeren
Kassen und Kampf um Aufstieg oder Abstieg konfrontiert wird.
Von den Ausnahmejahren 97 bis 99 (zwei Aufstiege, Zuschauerrekorde in der
Regionalliga, Bengalofeeling und boomendes Merchandising) abgesehen, ist dem
gemeinen Kickersfan die aktuelle Situation mehr als vertraut. Sollte man meinen.
Doch im Verein und – das ist zumindest für mich neu – bei den Fans liegen
einige Nerven blank, dabei ist die sportliche Situation gar nicht mal so
schlecht: Man liegt auf einem Nichtabstiegsplatz, hat ein Spiel (gegen
Neukirchen) weniger und es gibt viele Mannschaften, die tiefer in der Krise
stecken – nicht nur in der RL Süd sondern auch in der Zweiten Liga.
Dennoch scheint der Pessimismus zu überwiegen. „Nur ein Sieg zuhause“ in
der Vorrunde, „Keine Steigerung gegen Saarbrücken und Augsburg“ (wenn man
die Vorrunde mit der Rückrunde vergleicht), „Kein Konzept“,
„Offenbarungseid“ usw. lauten die Vorwürfe Richtung Mannschaft, Trainer und
Präsidium. Traditionell ist der Trainer das schwächste Glied in der Kette. Für
viele sind die nächsten beiden Spiele entscheidend: Entweder holt der OFC noch
4 (oder besser 6) Punkte, dann geht man mit Berndroth in die Winterpause und Rückrunde,
oder „ein neuer Trainer muss her, denn so geht es nicht mehr weiter“ – so
der allgemeine Tenor. Die Zahl derer, die dem Ramon weiterhin die Treue halten,
auf die Aufbauarbeit und insbesondere die fantastische Rettungsaktion 2001
verweisen, wird geringer oder hat Mühe, sich zu rechtfertigen.
Irgendwie scheint auch der Funke zwischen Mannschaft und Fans nicht mehr rüberzuspringen.
Bezeichnend ein Eintrag im Forum, dass der Spielerabend im Strandbus mit den
anwesendenden Christian Müller, Dexter Langen und Fouad Brighache am Montag nur
spärlich besucht war, die Stimmung aber durch den wahnsinnigen Insektenmenschen
ordentlich eingeheizt wurde (siehe „Fan
Talk“).
Insgesamt überwiegen im Forum z.Z. die negativen Eindrücke. In der Tat muss
man sich als normaler Mensch die Frage stellen, warum ständig die eigenen
Spieler wegen Grippe oder Leistenbeschwerden ausfallen. Man kann es sich kaum
vorstellen, aber die Vermutung (siehe „Kickers
Talk“), der OFC wolle die Spielergehälter über die
Berufsgenossenschaft finanzieren, ist alles andere als abwegig. So oder so:
Obwohl ich z.B. ein Berndroth Befürworter bin, ist der konditionelle und auch
der phsyiotherapeutische Zustand der Mannschaft mehr als unbefriedigend, von
daher kann ich nur dringend an den Trainer appellieren, in der Winterpause
Kondition zu bolzen und die Spieler wieder körperlich auf Vordermann zu
bringen.
Ein weiterer Diskussionspunkt ist die angeblich mangelnde Einstellung einiger
Spieler. Es wird wild spekuliert, wer nach Saisonende den OFC verlässt und wer
seine Zukunft bereits woanders sieht, statt sich auf die nächsten Spiele zu
konzentrieren. Allerdings frage ich mich, welcher spanische Profiverein z.B.
ernsthaft Interesse an Patrick Falk haben soll, zumal dieser – aus passendem Anlass
– wegen Grippe oder Leistenbeschwerden ausfällt (so wie Dexter Langen, dessen
Sturmläufe ich bereits schmerzlich vermisse). Hier sollte man sich als Fan
nicht verrückt machen lassen. Schon gar nicht von Medien, die einem Reinhard
Stumpf als neuen Trainer präsentieren wollen (siehe „Kickers
Talk“). Nebenbei bemerkt: Wenn Falk und einige andere ausfallen, kann
Naciri wieder von Anfang an spielen, wobei ich hoffe, dass es keine Pfiffe gegen
ihn geben wird (außer bei seinen Ecken).
Womit wir bei der taktischen Aufstellung gegen Siegen wären. Wir erinnern uns:
Letztes Jahr gab es (wie so oft in dieser Saison) ein langweiliges
Unentschieden. Ich hoffe, jetzt wo Falk ausfällt und Naciri vakant ist, dass
Berndroth die Außen doppelt besetzt – was vor allem auf der linken Seite
selten der Fall war - und dementsprechend variabel stürmen lässt. Dann hätte
man wirklich die angekündigte „Kompakte Offensive“, die vom Begriff her
aber nicht von der Umsetzung einmalig in Deutschland ist. Da aber die
Leistengrippe umgeht, kann man schlecht Aussagen über die voraussichtliche
Aufstellung machen. Vielleicht hat Berndroth aber auch noch ein paar Tricks in
der Hinterhand oder lässt z.B. die ganz jungen Wilden wie Fiorentino von Anfang
an spielen.
Aber es gab auch weniger schlechte Nachrichten: Die Konsolidierung der Finanzen
geht voran. Unter Schmerzen und mit Verkauf von Tafelsilber, aber sie geht
voran. Dem geneigten Leser sei dazu erneut der „Kickers
Talk“ empfohlen, von daher beschränke ich mich auf meine persönliche
und subjektive Einschätzung:
1.) Die Aktion "ein Verein zum Leben" sollte damals etwa 500.000 Euro
gebracht haben.
2.) Die Fernsehgelder und Vorausleistungen sollten bei ungefähr 800.000 Euro
liegen.
Beides Aktionen, die in Zukunft bzw. auf einige Jahre verteilt auch verminderte
Einnahmen bedeuten.
3.) Der Schuldenstand Sommer 2003 dürfte bei ungefähr 700.000 Euro liegen.
Damit sollten diese und die nächste Saison gesichert sein. Dank allen Spendern,
dem Verwaltungsrat und dem Präsidium – Kalt for Kanzler !
Folgenden Seitenhieb kann ich mir allerdings nicht verkneifen: Wenn man nicht
mal mehr Geld (5.000 Euro) für ein Trainingslager hat und man die Fans um
50.000 Euro bittet, dann dürfte sich eine Trainerentlassung aus Geldgründen
automatisch verbieten.
Im Endeffekt sollte man durchaus kritisch mit der sportlichen wie finanziellen
Situation umgehen. Auf keinem Fall aber in Resignation verfallen oder den Humor
verlieren. Denn das ist, was uns fehlt z.Z. und was wir Fans selbst in Zeiten
der Oberligadepression hatten: Der Humor, mit der eigenen Situation umgehen zu können
(z.B. durch einen neuen Kickers Song „By the Rivers of Babylon“ wie gegen
Pfullendorf). Deshalb sollte man immer eine Alternative nach dem Spiel in der
Hinterhand haben: Vielleicht ein Bier im Grünen oder eine Weihnachtsfeier in
der Bierakademie. Der Phantasie eines Kickersfans sind bekanntlich keine Grenzen
gesetzt, auch nicht wenn die Nerven blank liegen.
Jiankuan