Glosse 7

„TOP 1  - Die endgültige Befriedung der deutschen Fanszene“ (06.11.02)

(TFid) Die monatliche Routinesitzung in der Otto-Fick-Schneise am Rande der
verbotenen Stadt. Der große Vorsitzende setzt gerade das Bierglas ab und ergreift daraufhin
sogleich das Wort....             

VM: „Und nun kommen wir zu TOP 1 unserer heutigen Runde, der „Befriedung der
deutschen Fanszene“ bis zur WM 2006. Unsere Sponsoren zögern noch mit den
entsprechenden Vertragsabschlüssen, welche die WM finanziell endgültig absichern und – in diesem internen Kreis kann ich es ja natürlich auch direkt ohne Scheu aussprechen - uns natürlich auch persönlich enorm bereichern werden. Unsere Geldgeber zeigen sich besorgt über die fortbestehende Existenz noch einiger weniger Fußballstandorte, in denen der typische Stadionbesucher noch nicht exakt in das Schema passt, welches uns die werbetreibende Industrie zwingend vorschreibt, nämlich ein Fan mit möglichst großer Kaufkraft zum potentiellen Erwerb der Produkte unserer überregionalen Sponsoren verbunden mit der Möglichkeit auch noch im Stadion problemlos viel Geld ausgeben zu können. Wie Sie wissen, reden wir von der Zielgruppe des mittleren Angestellten mit Frau und 2 Kindern, die zusammen quasi als Familie ins Stadion kommen sollen. Auch ohne berufstätige Frau sollte unser Wunschstadionbesucher über ein Jahreseinkommen von ab 50.000 Euro aufwärts verfügen, um beim Besuch für Eintrittskarten, Verköstigung und Fanutensilien für die Kids ca. 100 Euro im Stadion ausgeben zu können ohne auf den einzelnen Cent achten zu müssen. Dieser Zuschauertypus wird bald überall den des unterprivilegierten männlichen Arbeiters oder Sozialhilfeempfängers ersetzen, der meist in einer gleichgesinnten Gruppe auftaucht und so unsere Zielgruppe natürlich nachhaltig abschreckt. Die Zerschlagung von Fanszenen dieser Art hat natürlich absolute Priorität im Deutschen Fisting Bund, weswegen ich nun das Wort an unsere „Arbeitsgruppe Ofenbach“ (AG-OF) übergeben möchte.“

„AG-OF“: „Um es auf den Punkt zu bringen: Wir machen Fortschritte, ich würde sogar sagen entscheidende, denn der bisherige Widerstand gegen unsere Sanktionen scheint nun dauerhaft zu bröckeln. Wie Sie ja alle sicherlich wissen, ist die Fanszene in Ofenbach nur sehr schwer zu zerschlagen, weil in dieser Stadt die Identifikation zu ihrem lokalen Verein besonders stark ausgeprägt ist. Über Jahre hinweg wurden dort Regelverstöße, Fehlurteile unsererseits und sogar grobe Demütigungen mit besonders renitentem Widerstand beantwortet, den man sogar bewundern könnte, wenn man ein sinnlos idealistischer Gerechtigkeitsfanatiker wäre. Die Verschaukelung in einem Endspiel um die deutsche Fisting Meisterschaft, die Nichtberücksichtigung trotz Qualifikation für die Bundesliga 1963, der aus heutiger Sicht möglicherweise sogar völlig ungerechtfertigte Lizenzentzug 1989, etc. etc. .... Doch sie sind immer wieder aufgestanden und haben zu unserem Leidwesen nicht ohne Erfolg immer wieder versucht, Boden unter die Füße zu bekommen. Vor 3 ½  Jahren dann unser im Nachhinein entscheidender Schachzug: In einem Problemspiel gegen einen anderen Verein mit ähnlicher Fanstruktur wiesen wir die im ersten Moment völlig verdatterte Polizei an, es völlig ungestraft zu tolerieren, daß die Gästefans im Stadion ungestört randalieren konnten. Und so kam es, wie nicht anders zu erwarten, zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, die uns und der Polizei danach natürlich die Möglichkeit gaben, die Fanszene in Ofenbach mit Repressalien zu überziehen – was bis heute mit großem Erfolg von uns ausgenutzt wurde. Stück für Stück wurde den dortigen Fans der Stadionbesuch verleitet. Die von mir Ihnen jetzt via PowerPoint an die Wand geworfene Statistik des rückläufigen Zuschauerschnitts der letzten 3 Jahre in Ofenbach verdeutlicht die Richtigkeit unserer.... (*lacht*).... perfiden Strategie.“

VM: „Ja, sehr eindrucksvoll, lange hält dieser „Verein“ das sicher nicht mehr durch. Wie sehen nun die weiteren Eckpunkte der Strategie aus, die uns über kurz oder lang den für diese Fanszene finalen Todesstoß ermöglichen sollte?“

„AG-OF“: „Nun, die Polizei muß entscheidend dazu beitragen, die „Fans“ dieses Vereins mittelfristig völlig aus dem Stehplatzbereich zu vertreiben, bestimmte Delikte in fruchtbarer Zusammenarbeit mit dem lokalen Ordnungsamt unter hohe Strafen zu stellen, Unbelehrbare bei Zuwiderhandlung erkennungsdienstlich zu behandeln, zahlreiche Stadionverbote auszusprechen und letzten Endes die noch übriggebliebene Fanszene endgültig zu kriminalisieren. Niemand soll auf dem Bier Berg in Ofenbach weiterhin unbedacht Eintrittsgeld bezahlen können, der nicht gerne Besuch von der Polizei an seinem Arbeitsplatz bekommen will.“

VM: „Das hört sich ja gut an, fast schon zu gut, aber wie können wir es nur schaffen, daß in Ofenbach nicht ein.... sagen wir mal.... „Bumerangeffekt“ eintritt, daß sich die Fans also untereinander solidarisieren gegen die scheinbare Ungerechtigkeit, gegen diese äußere Macht, die ihnen Stück für Stück ihre traditionelle Fankultur wegnehmen will?“

„AG-OF“: „Kein Problem! Um die Fanszenen bundesweit in unserem Sinne zu lenken, haben wir ja unsere „Fanprojekte“ installiert, die ja neben uns auch noch von den Bundesländern, also sozusagen von der Polizei, direkt finanziert werden. Dort sitzen neben harmlosen, von uns problemlos steuerbaren Idealisten nur Absolventen geisteswissenschaftlicher Studiengänge, für die auf dem normalen Arbeitsmarkt.... (*lacht*).... sicher kein Platz wäre. Diese Fanprojekte glauben meistens selbst, eher unabhängig und sogar kritisch gegenüber dem kommerziellen Fußballgeschäft zu sein, aber wir haben sie trotzdem überall voll im Griff, stehen sie doch auch in unserem Sold. Neben der konsequenten Umerziehung von jugendlichen Fans zu zukünftig unkritischen Sitzplatzstadionbesuchern und naiven Fußballkonsumenten haben diese Fanprojekte die Aufgabe, im Konfliktfall einen scheinbaren „Dialog“ zwischen Fans, Ordnungsbehörden und der Polizei zu initiieren – und auch in der Ofenbacher Fanszene gibt es noch viele, die daran glauben, daß ihre Anliegen auf solchen Treffen wirklich ernst genommen werden (*lacht*).... Außerdem sind „wir“ natürlich mittlerweile auch im Internet aktiv und unterstützen in den Fanforen pseudoargumentativ diejenigen Multiplikatoren in der Fanszene, die unsere Ziele nicht durchschauen. Die IP´s der „Störenfriede“ haben wir hingegen an die Polizei weitergeleitet, die sollen mal in Zukunft spaßeshalber versuchen, eine Eintrittskarte für ein Länderspiel zu erwerben, deren Gesichter möchte ich dann mal sehen (*lacht*)....“

VM: „Sehr gut! Also wird die Fanszene auch in Ofenbach systematisch geschwächt, sie wird sich also auch nicht mehr geschlossen gegen uns wehren können, sondern weiter uneinig vor sich hindümpeln. Wirklich ausgezeichnete Arbeit! Wichtig wäre in Zukunft auch eine weitere Förderung des Denunziantentums innerhalb der Fanszene. So sollte derjenige, der einen anderen Fan bei einer Ordnungswidrigkeit bzw. Straftat wie z.B. dem Abbrennen von Feuerwerkskörpern oder dem „Rütteln“ an Stadionbegrenzungen beobachtet und ihn deswegen zurecht anzeigt, auch großzügig belohnt werden, z.B. durch eine Freikarte für ein WM-Spiel 2006, zu dem ein einfacher Fan ja ohnehin keinen Zutritt bekommen wird. Ja, genauso machen wir es!“     

  „AG-OF“: „Gut. Nicht gerade fair, aber dafür natürlich um so wirkungsvoller....“

VM: „In diesem Fall sollten wir aber nun wirklich keinen falsch verstandenen Ehrenkodex entwickeln. Und wenn wir dann den Fußballstandort Ofenbach endgültig „abgewickelt“ haben, stehen bis zur WM 2006 ein paar weitere problematische Fanszenen an, die trotz dauerhafter Erfolglosigkeit ihrer Vereine noch unbedingt zerschlagen werden müssen: Dresdn, Leipz und Eßen. Da haben wir also auch in den Jahren 2004 und 2005 noch                wahrlich genug zu tun. Ich erkläre unseren Tagesordnungspunkt „TOP 1“ jetzt für beendet, kommen wir nun also zu „TOP 2“ unserer heutigen Sitzung, der „Entkoppelung der Funtionärsgehälter des Deutschen Fisting Bundes von den derzeit sinkenden Einnahmen des Fernsehrechteverkaufs der Deutschen Fisting Liga (DFL)“...